Uralische Sprachen

Die finno-ugrische Sprache bildet eine Enklave in Europa, also einen (besser: zwei) Fremdkörper in dem ansonsten einheitlichen indoeuropäischen Sprachkörper Europas.

Die uralischen Sprachen, von denen das Finno-Ugrische der wichtigste Teil sind, geht auf eine Protosprache zurück, die sich ab 4.000 v.Chr. in verschiedene Gruppen aufgespalten hat. Mongole

Heute besteht die uralische Sprachfamilie, der das Finno-ugrische angehört, im wesentlichen nur noch aus der finnischen, der ungarischen sowie der estnischen Sprache. Die meisten Sprecher (rund 15 Mio.) leben in Ungarn sowie im Raum Finnland/Estland, daneben noch rund 3 Mio. in Nordrußland und in Nordwestsibirien.

Außerdem gehören zu den uralischen Sprachen noch die samojedischen Sprachen und Dialekte, die allerdings nur noch von etwa 30.000 Nomaden in einem riesigen Gebiet in Nordwestsibirien gesprochen werden.

Vereinfachend läßt sich somit sagen, daß diese Sprachfamilie, die urspünglich im Uralgebiet beheimatet war, heute zum allergrößten Teil nur noch in Ungarn, in Finnland und in Estland existiert.

Der finnische Zweig dürfte dort ursprünglich sein, während der ungarische Zweig erst mit den Magyaren (im 10. Jahrhundert nach Chr.) nach Ungarn gekommen war, wo sie sich dauerhaft festgesetzt hatten und wo ihre Sprache eine dort zuvor gesprochene indoeuropäische Sprache verdrängt hat.

Heute sind die Unterschiede innerhalb der finno-ugrischen Sprachen teilweise sehr groß. Während Finnisch und Estnisch, die auf entgegengesetzten Seiten des Baltikums gesprochen werden, eng miteinander verwandt sind, können sich Ungarn und Finnen nicht mehr miteinander verständigen (anders als z.B. Finnen und Esten, wie mir von mehreren Besuchern dieser Seite mitgeteilt wurde).

Die große sprachliche Entfernung des Ungarischen vom Finnischen/Estnischens ist darauf zurückzuführen, daß sich der ugrische Zweig, zu dem auch ungarisch gehört, bereits vor rund 3000 Jahren vom finnischen Zweig abgespalten hat.

Während sich im ungarischen Wortschatz nur noch schwache Spuren seiner Verwandtschaft zu Finnisch und Estnisch finden, ist die Ähnlichkeit zwischen Finnisch und Estnisch offenkundig:

  Ungarisch Finnisch Estnisch
“drei” három kolme kolm
“Auge” szem silmä silm

Trotz dieser großen Unterschiede im Wortschatz ist die Verwandtschaft der beiden Sprachen jedoch aufgrund phonologischer, morphologischer und syntaktischer Merkmale gesichert. Typisch sind u. a. das gemeinsame Prinzip der Vokalharmonie, der agglutinierende Sprachbau und das Fehlen eines grammatischen Geschlechts.

Die uralischen Sprachen (also auch ungarisch und finnisch) haben komplexe Fallsysteme (15 im Finnischen, 17 im Ungarischen (!) gegenüber 6 im Lateinischen und noch weit weniger in den modernen indoeuropäischen Sprachen). Mit ihnen werden z.B. räumliche Bezeichnungen wie “hinauf” und “weg von” ausgedrückt, die man in den modernen Sprachen - aber auch teilweise schon in den klassischen Sprachen, wie Latein und Altgriechisch - mit Präpositionen umschrieben hat.

Auf der anderen Seite sind die Flexionsendungen sehr regelmäßig und daher vorhersehbar. Es gibt kaum Unregelmäßigkeiten in der Wortbildung.

Die einzige Ausnahme ist der Grundsatz der Vokalharmonie, wonach die (vielen) Suffixe, die als Nachsilbe an den Wortstamm angehängt werden (Ungarisch ist eine stark agglutierende Sprache) immer an den Vokal des Wortstamms angeglichen werden.