Oft zu niedrig eingruppiert: Die Sekretärinnen
Zu den Berufsgruppen, die im öffentlichen Dienst wohl am häufigsten zu niedrig eingruppiert sind, gehören die Sekretärinnen.
1.
Diese werden bei ihrer Einstellung meistens in die Entgeltgruppe E5 oder bestenfalls in die E6 eingruppiert. Und dabei bleibt es in aller Regel, oft bis ins Rentenalter. Nach dem Motto: Das bisschen Telefondienst und ein paar Briefe schreiben kann doch nicht so schwierig sein. Das kann ja praktisch jeder!
Dabei läuft ohne eine gute Sekretärin in den meisten Vorzimmern überhaupt nichts. Und wenn doch alles reibungslos funktioniert, dann ist das in aller Regel darauf zurückzuführen, dass dort eine tüchtige Sekretärin sitzt. Die allerdings sehr häufig unterbezahlt ist.
Wie kommt das, und welches sind die Gründe für die falsche Eingruppierung?
2.
Die erste Schwierigkeit besteht darin, dass der Begriff der Sekretärin bzw. des Sekretärs nicht eindeutig ist. Er ist im TVöD bzw. TV-L nicht näher definiert. Das Berufsbild war ursprünglich geprägt durch Schreibtätigkeiten und das Kopieren durch Abschreiben. Diese Tätigkeiten wurden zunehmend durch Kommunikationsaufgaben in mündlicher oder fernmündlicher Form sowie deren Organisation abgelöst. Heute ist dabei der Einsatz elektronischer Geräte Standard.
Das Berufsbild der Sekretärin hat sich dabei im Laufe der Jahre wesentlich gewandelt. In vielen Verwaltungen würde die Bezeichnung „Assistentin“ besser passen. Zum Berufsbild vieler Sekretärinnen gehört z.B. die Vorbereitung von Veranstaltungen, die Organisation von Dienstreisen, die Vergabe von Terminen, das Führen von Fristenkalender, und vieles mehr. Auch viele höherwertige Tätigkeiten werden häufig auf Mitarbeiter/innen delegiert, ohne dass sich jemand hierüber große Gedanken macht.
Dies ist menschlich verständlich: Die Führungskräfte wollen sich gerade nicht mit der Erledigung von Detailfragen beschäftigen. Sie müssen sich von der Belastung, an viele Kleinigkeiten denken zu müssen, befreien. Ihre Erwartung lässt sich kurz wie folgt zusammenfassen: „Der Laden muss laufen!“.
Führungskräfte müssen sich auf ihre Fach- und ihre Führungsaufgaben konzentrieren können. Dazu benötigen Sie Ihre Sekretärinnen, die alle Nebenaufgaben erledigen. Für nerviges Suchen von Informationen oder Unterlagen, zeitaufwendige Reiseplanungen, umständliches Koordinieren oder Verschieben von Terminen und detailreiche Besprechungsplanungen reicht die Zeit von Führungskräften nicht mehr aus. Das müssen die Sekretärinnen übernehmen.
Aus den vielfältigen Aufgaben einer Sekretärin – häufig ist es mehr eine Assistentin – ergeben sich die Anhaltspunkte für eine deutlich höhere Eingruppierung. Diese können an dieser Stelle nicht näher dargestellt werden. Fest steht jedenfalls, dass eine Eingruppierung in die E5 oder auch E6 häufig völlig indiskutabel ist.
Dass viele Sekretärinnen immer noch viel zu niedrig eingruppiert sind, ist auch darauf zurückzuführen, dass sich die meisten Vorgesetzten – und auch die Mitarbeiter/innen - über diese Problematik keine Gedanken machen.
Wichtig ist dabei Folgendes:
Der rechtliche Ansatzpunkt liegt darin, dass häufig schon wenige wichtige Aufgaben, die möglicherweise nur 1 bis 2 Stunden/Tag ausmachen, bereits zu einer Höhergruppierung um mehrere Entgeltgruppen führen können. Wichtig hierbei ist, den richtigen rechtlichen Ansatzpunkt zu finden und darzulegen.
Dabei geht es um sehr viel Geld. Der Gehaltsunterschied zwischen der E 6 (Endstufe) und der E 9a beläuft sich auf rund 700 €/Monat! Zwar wird die EG 9a nicht bei allen, aber doch bei sehr vielen Sekretärinnen in Betracht kommen, abhängig von der konkret ausgeübten Tätigkeit.
3.
Als Resümee ist festzuhalten: Sekretärinnen müssen nicht zwangsläufig in den unteren Entgeltgruppen eingruppiert sein. Das wird häufig auch nicht der Leistung und der Bedeutung der Aufgaben gerecht. Wenn man es richtig angeht, gelingt es auch, eine angemessene Bewertung und damit auch eine angemessene Bezahlung zu erreichen.
Dabei muss in jedem Fall geprüft werden, ob das maßgebliche Heraushebungsmerkmal erfüllt ist, nämlich dass die Tätigkeit selbstständige Leistungen erfordert.
Dabei darf das Merkmal „selbständige Leistungen” nicht mit dem Begriff „selbständig arbeiten” verwechselt werden, worunter man eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung, also ohne Anleitung versteht.
Die Anforderung des „selbstständig arbeiten“ dürfte der Regelfall für die Erbringung nahezu jeder Tätigkeit im öffentlichen Dienst sein. Auch die Schreibkraft in der Entgeltgruppe 4 oder die Kollegen von der Müllabfuhr arbeiten selbstständig, also ohne direkte Aufsicht oder Leitung. Trotzdem erbringen sie keine selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne.
Die Rechtsprechung versteht unter selbständiger Leistung eine Gedankenarbeit, die im Rahmen der für die Entgeltgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses erfordert.
Anschaulich hat das BAG hierzu ausgeführt: "Geistige Arbeit wird geleistet, wenn der Angestellte sich bei der Arbeit fragen muss, wie es nun weitergeht, worauf es nun ankommt, was als nächstes geschehen muss."
Kennzeichnend für selbständige Leistungen im tariflichen Sinne sind ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs-, Handlungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses.
Charakteristisch sind Abwägungsprozesse, die Anforderungen an das Überlegungsvermögen stellen, weil der Beschäftigte unterschiedliche Informationen verknüpfen und untereinander abwägen muss, um zu einer Entscheidung zu kommen.